Traditionelle Weihnachtslesung in unserer Buchhandlung
(sis) Die Publikumsreaktion war eindeutig: Die „ernsthafteren“ Buchtipps bei der traditionellen vorweihnachtlichen Lesung mit Stefan Müller-Ruppert in der Buchhandlung Volk schätzt man, keine Frage.
Aber die humorvollen, meist gegen Ende und idealerweise in irgendeinem Dialekt vom Vortragendem regelrecht „performten“ Beiträge – die werden geliebt. Dementsprechend werden die Beiträge von Müller-Ruppert mit Johannes Volk ausgesucht. Zur Freude des treuen Stammpublikums. „Das erste Kapitel“ heißt diese Lesereihe, bei der in aller Regel dann auch das erste Kapitel – oder Teile daraus – vorgetragen werden. Als „Appetithappen“ sozusagen. Die Auswahl ist riesig, zumal gegen Ende des Jahres regelmäßig die laut Johannes Volk „besseren“ Bücher veröffentlicht werden.
Den Auftakt machte Müller-Ruppert mit dem humorvollen Büchlein „Maria, wir brauchen einen Krippenplatz“, aus dem er das Gedicht von James Krüss zum Besten gab über die letzte Fliege des Jahres, die immer Frieda heißt und eine ganz besondere Behandlung verdient. Eine wahre historische Geschichte erzählt Guinevere Glasfurd in ihrem Roman „Worte in meiner Hand“, in der von der schicksalshaften Begegnung einer wissbegierigen Magd mit dem aufstrebenden Philosophen René Descartes im Holland des 17. Jahrhunderts erzählt wird. „Ein wunderschönes Buch, wenn man sich drauf einlässt“, so das Urteil. „Trinken ist nicht nur was für Feiertage. Trinken ist was für´s Leben“, erklärt mit Cleo Rocos eine britische Dame der Gesellschaft in ihrem Buch „Der gepflegte Rausch“. Nach diversen Anekdoten und durchaus ernst gemeinten Tipps, wie man „stilvoll ohne Reue“ trinken kann ging es weiter mit Peter Hoegs neuem Roman „Der Susan-Effekt“, ein sehr aktueller, spannender Krimi mit Science-Fiction-Effekten. Die Geschichte baut auf der Gabe der Protagonistin auf, jeden in ihrer Umgebung zur absoluten Ehrlichkeit zu bewegen. Vom Wandel eines ganz normalen Engels in einen echten Rausch-Goldengel - der Großzügigkeit diverser Gastgeber sei Dank – wird in dem Büchlein „Maria, chill mal“ erzählt, bevor ein erneuter krasser Themenwechsel die Zuhörer in die Schweiz versetzte.
Rolf Dobelli erzählt in „Massimo Marini“ fast wie Martin Suter, aber „noch viel besser“ die Entwicklung eines zunächst jahrelang versteckten Immigrantenkindes – der Sohn süditalienischer Gastarbeiter – zum einflussreichen Bauunternehmer in Zürich, dessen Glück eine Frau erst krönt und dann zerstört. Nach diesem ganz besonderen Buchtipp Johannes Volks stellte Daniel Glattauer in „Der Karpfenstreit“ seine locker leichte Schreibkunst unter Beweis, in dem er als Wiener von der „Typologie des Vanillkipferlessers“ berichtet. Später trug Müller-Ruppert aus dem gleichen Buch die „Gebrauchsanleitung für familienfreundliches Absingen der gebräuchlichsten Weihnachtslieder“ vor. Tatsächlich gesungene Lieder machten die Sache plastisch – und sehr lustig: „Es wird gesungen, jeder singt gegen jeden und das möglichst gleichzeitig.“
In der Geschichtensammlung „Schneefrei“ wird humorvoll, aber durchaus mit ernstem Hintergrund vor der „Bedeutungslosigkeit des Advent“ gewarnt angesichts der Lebkuchenflut im September und der Weihnachtsbeleuchtung Mitte November. Alina Bronsky hat mit „Baba Dunjas letzte Liebe“ eine untergegangene Welt in Tschernobyl , wohin die Titelheldin zurück gekehrt ist, wieder auferstehen lassen. Mit trockenem Humor: „Man kann die Strahlung nun wirklich nicht für alles verantwortlich machen, was blöd geboren wurde.“ Dann, nach der bereits erwähnten grandiosen „Gebrauchsanleitung“ diesmal kein „Hurst“ als Abschluss, sondern das Gedicht des Würzburger Heimatdichters Josef Erlitzer, das dem Werk des badischen Dichters freilich in nichts nachstand. Ein selbst gebastelter Christbaumständer , der sich dreht und Melodien spielen kann - und der am Heiligen Abend den festlich geschmückten Baum dank eines elektrischen Defekts zur geschossabwerfenden Rakete werden lässt. Das Publikum war regelrecht begeistert und weiß jetzt: Fränkisch kann er also auch, der Stefan Müller-Ruppert!
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